Es werden immer mehr Details über die geplante paneuropäische Finanztransaktionssteuer bekannt. Die FT berichtet heute über eine Studie der EU, nach der ein jährliches Steueraufkommen von 35 Mrd. € anvisiert wird.
Das ist natürlich eine Hausnummer. Wenn man das Ganze zu Ende durchdenkt, wirkt die Steuer wie eine allgemeine Abgabe auf Unternehmensgewinne von börsennotierten Unternehmen. Ob dies das Ziel dieser Maßnahme ist?
Der Hintergrund: Die Abgabe soll als Quellensteuer auf alle Aktien-, Anleihe- und Derivatetransaktionen erhoben werden. Um auf die anvisierte Summe zu kommen, muss eine Abgabe von 0,1% des Handelswerts bei Aktien und Anleihen sowie 0,01% bei Derivaten erhoben werden. Der Aktienhandel verteuert sich für Direktbankkunden (Kleinanleger) um ca. 40% (z. Bsp. ING-DiBa: Orderkosten derzeit 0,25% des Handelswerts, zukünftig 0,35%). Institutionelle Kunden sind mit weitaus größeren Kostensteigerungen konfrontiert, da ihre üblichen Orderkosten erheblich geringer sind.
Die Hürden für Vermeidungsstrategien legt die EU-Kommission unter Algidiras Semeta bereits in diesem frühen Stadium der Planung recht hoch. Alle Finanzinstitute, die für europäische Kunden tätig werden, müssen alle Transaktionen besteuern, egal wo der Sitz des Finanzinstituts ist, egal welcher Handelsplatz benutzt wird. Alle Transaktionen, die an europäischen Handelsplätzen stattfinden, unterliegen der Finanztransaktionssteuer, unabhängig vom Standort des Handelnden.
Wer diese Steuer umgehen will, der muss sich also erstens völlig aus dem europäischen Kapitalmarkt zurück ziehen und muss zweitens seinen Sitz rechtzeitig ins außereuropäische Ausland verlegen. Drittens darf man keine Kundenbeziehungen nach Europa pflegen.
Kaum vorstellbar, dass dies vielen gelingt. Folglich wird die Steuer eine Lenkungsfunktion haben. Wie die Einführung der Abgeltungssteuer der Todesstoß für die Zertifikate-Branche war, wird sich die Finanzindustrie ab 2015 auf Produkte konzentrieren, die nur wenig Tobin-Steuer produzieren. Man muss sich wohl auf eine Zunahme von nicht öffentlich überwachten Handelsplätzen und eine Umdefinition der gesamten Finanzdienstleistungsbranche gefasst machen.
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