15.11.12

Zombie-Unternehmen als Konsequenz der finanziellen Repression

Die Bank of England (BOE) hat am vergangenen Mittwoch auf eine bisher weitgehend ignorierte Folge der ultralockeren Geldpolitik hingewiesen.

Derzeit arbeiten 30% der britischen Unternehmen nicht profitabel, mehr als während der Rezession Anfang der 1990er Jahre. Damals meldeten in Großbritannien mehr als 25.000 Unternehmen Konkurs an. 2012 dürften nur 17.000 Unternehmen Insolvenz anmelden. Obwohl die Anzahl nichtprofitabler Unternehmen gestiegen ist, sinkt die Insolvenzquote. Dies Tatsache beunruhigt die BOE.


Den Grund für diese Entwicklung sieht die BOE in ihrer Geldpolitik. In England sind die Zinsen seit 2008 bei Null Prozent. Zusätzlich erwirbt die BOE im Rahmen des aktuellen QE4 permanent langlaufende Staatsanleihen (GILD's).
Banken können ausgegebene Firmenkredite bei der BOE einreichen und erhalten im Gegenzug Cash. Die Konsequenz: Die Kreditzinsen sind extrem niedrig und die Voraussetzungen für deren Gewährung sind extrem lasch. Im Ergebnis erhalten auch Unternehmen weitere Kreditlinien, die eigentlich Pleite sind.

Hieran ist eigentlich nichts auszusetzen. Schließlich erhält man so Arbeitsplätze und Kaufkraft der Menschen. Leider sind angeschlagene Unternehmen nicht nur wenig Profitabel sondern auch wenig Produktiv. Da überproportional mehr kleine Unternehmen Insolvenz anmelden, kann die sich ausweitende Produktivitätsschere zwischen großen und kleinen Unternehmen seit 2007 den  geldpolitisch »geretteten« Unternehmen zugeschrieben werden, die als »Zombies« bezeichnet werden. 

Das Ganze hat in England volkswirtschaftliche Konsequenzen:


Die BOE senkt seit jetzt fünf Jahren stetig ihre Wachstumsprognose. Bis 2011 dachte man, die Finanzkrise ist »nur« eine Delle im Wachstumspfad und schrieb das zukünftige Wirtschaftswachstum aufgrund der »Erfahrungen« seit der Jahrtausendwende fort. 2012 wurde dies erstmals korrigiert. Die langfristigen Wachstumsaussichten haben sich deutlich eingetrübt. Eine Ursache hierfür: Die künstlich am Leben gehaltenen Unternehmen binden Manpower und verhindern einen produktivitätssteigernden Strukturwandel.

Ich halte die Betrachtungen in England für symptomatisch für alle Industriestaaten. England ist wegen seiner Überschaubarkeit ein gutes volkswirtschaftliches Versuchslabor. Wir erleben in allen Industriestaaten die Bestrebungen, Unternehmen unter allen Umständen »im Markt« zu halten. Direkt inventionistische Maßnahmen der Politik, wie sie 2008 z. B. in der Automobilindustrie üblich waren, wurden abgelöst von schleichend inventionistischen Maßnahmen der Notenbanken, die uns als »Alternativlos« verkauft werden.